Zwei Komponisten - Ein Werk

CROSSCURRENTS
Komposition 2.1 - zwei Komponisten - ein Werk
für 12 Blechbläser und Orchester
Florian Ross | Steffen Wick

UA: 6.12.2016, Konzerthaus Freiburg
Philharmonisches Orchester Freiburg
BACHBLECH&BLUES
Initiator: Fabrice Bollon (GMD)
Dirigent: Gerhard Markson 

BACHBLECH&BLUES:  

Erste Skizze zu crosscurrents

Erste Skizze zu crosscurrents

Steffen und Florian, Ihr seid beide komponierende Pianisten, kommt aber von ganz unterschiedlichen musikalischen Richtungen.
Steffen, Du bist als zeitgenössischer Komponist Stipendiat im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia, hast ein Stipendium an der Cité Internationale des Arts in Paris erhalten und wurdest zudem von der Bundesregierung zum »Kreativpiloten Deutschlands« ausgezeichnet. Du schreibst über Dich selber: “(Er)... verknüpft klassische und zeitgenössische Stilmittel zu einer modernen, poetischen Tonsprache”.
Florian, Du bist Jazzpianist und schreibst Musik für viele internationale Big Bands, Künstler und Crossover Ensembles - NDR, WDR, Brussels Jazz Orchestra, etc., es gibt inzwischen 14 CDs mit Werken von Dir und wir lesen über Dich: “Er ... übersetzt Aspekte der Tradition in eine Sprache der Gegenwart (und hat eine) Vorliebe für tiefere Tonregionen und wärmere Klangfarben - für Töne, deren Farben zwischen blau, orange und terracotta changieren.“ Nun sind wir von BACHBLECH&BLUES auf Euch beide zugegangen, um ein aussergewöhnliches Projekt zu starten: ein 20-minütiges Auftragswerk für unser Ensemble BACHBLECH&BLUES plus Sinfonieorchester - aber damit nicht genug: Ihr beide werdet das Werk gemeinsam schreiben.
Was reizt Euch an dieser Idee? Was haltet Ihr von dieser Idee?

Steffen Wick:     

Steffen Wick (Komponist, Pianist) Foto: Deniz Saylan)

Ich finde es eine spannende Herausforderung, dass Florian und ich beide an einem Werk komponieren. Es ist heutzutage eher selten, dass Komponisten gemeinsam an einem Konzertstück arbeiten und mich interessieren gerade solche Projekte, die Ungewöhnliches zulassen und unbekanntes Terrain sind.
Außerdem finde ich es schön, die Stärken eines jeden von uns einzubringen, um so hoffentlich im Ergebnis eine potenzierende Wirkung zu entfalten. Ich komme eher vom zeitgenössischen Orchesterklang und bin kein ausgewiesener Blechbläserspezialist (eher für Streicher dann). Und da ergänzen Florian und ich uns einfach gut, da er bereits für BACHBLECH&BLUES geschrieben hat.

Florian Ross:

Florian Ross (Komponist, Jazzpianist)

Die Verbindung von einem großen Blechbläserensemble mit einem Sinfonieorchester ist an sich schon ungewöhnlich. Dass nun mit Steffen und mir zwei Komponisten an einem Werk arbeiten werden, ist eine einmalige Idee und Chance. Ich freue mich auf die Arbeit. Natürlich hilft es mir, dass ich Euer Ensemble selbst gut kenne. Meine Vorliebe für Blech (siehe auch mein Brass Project) wird mit BACHBLECH&BLUES voll bedient! Mit der Präzision und Detailverliebtheit eines klassischen Ensembles und der Energie einer Big Band kann man hier ganz wunderbare Klänge zaubern. “Best of both worlds” beschreibt es wohl am besten.

BACHBLECH&BLUES:        

Wie wird eure Arbeitsweise aussehen?

Florian Ross:

Ich verstehe es als meine Aufgabe, die Stärken der Band herauszuarbeiten und auf jazzige Soli innerhalb des “Blechsounds” einzugehen. Das Orchester würde ich als die Erweiterung der Klang- und Farbpalette von BACHBLECH&BLUES verstehen. BACHBLECH&BLUES liefert gewissermaßen - ähnlich einer Schwarz-Weiß-Zeichnung - die Präzision und die Energie, das Orchester malt dazu die Farben. 

Für die gemeinsame Arbeitsweise mit Steffen haben wir bei unserem ersten Treffen gleich einen Plan skizziert, der dies großartig beschreibt: Aufteilen der Formabschnitte, Zuordnen von “Inseln” um diese dann zu verknüpfen und „Besuch aus dem Ausland” zuzulassen.
Jeder nimmt den Faden des anderen auf, um an dem Werk weiterzuknüpfen

Spannend ist natürlich auch eine ganz andere Frage: Mit welchem Notationsprogramm werden wir arbeiten? Diese Form des vernetzten Arbeitens braucht eine vernünftige Plattform. 

Steffen Wick:     

Gleich beim ersten Kennenlernen haben wir versucht, diese besondere Arbeitsweise in eine Form zu bringen und zusammen im Gespräch mit Till Fabian Weser, der uns die verschiedenen Besonderheiten von BACHBLECH&BLUES aufzeigen konnte, eine grobe Ablaufskizze angefertigt, die mit verschiedenen Möglichkeiten unserer kompositorischen Zusammenarbeit spielt und unterschiedliche Stilistiken zusammenbringt. 

Schnell einigten wir uns auf ein Thema, das passend zum Repertoire des Ensembles an die Musik der Renaissance entlehnt sein sollte und im Verlauf der musikalischen Reise unterschiedlich ausgeleuchtet wird. Es wird dann Passagen geben, in denen jeweils Florian und ich einmal fürs Solistenensemble schreiben oder nur fürs Orchester und der andere ergänzt dann jeweils die Komponente, die fehlt, also den Blechbläserklang oder die Farbpaletten des Orchesters. Das wird spannend werden, da wir ja jeweils immer Raum lassen müssen für die noch nicht zu erahnenden Gedanken des anderen. Die musikalische Entwicklung drückt sich auch in der stilistischen Änderung der kompositorischen Struktur aus, die Ausdrucksmittel sowohl des Jazz (Florian) als auch zeitgenössischer Kunstmusik (Steffen) kombiniert und so Verbindungen und Kontraste schafft. Das Ende verraten wir aber jetzt noch nicht, sondern muss dann gehört werden!

BACHBLECH&BLUES:        

Habt Ihr schon eine Idee für den Titel?

 

Steffen Wick:     

Es ist ganz hilfreich, wenn wir einen Arbeitstitel finden. Der tatsächliche Titel ergibt sich im idealen Fall dann, wenn das Stück fertig ist. Für den Moment könnte eine Idee ganz schlicht “a due” sein.

 

Florian Ross:

Ja, ich habe an so etwas Ähnliches gedacht, z.B. “pas des deux” - wobei “cross-currents” (Gegenströmungen) auch das Spannungsfeld einerseits zwischen Solisten und Orchester und andererseits zwischen dem Jazz und der Neuen Musik gut beschreiben könnte.

[Update: das Werk trägt inzwischen den Titel
Crosscurrents Komposition 2.1 - zwei Komponisten - ein Werk für 12 Blechbläser & Orch.]

 

BACHBLECH&BLUES:    

Wir sind gespannt auf die Uraufführung im Rahmen eines Sinfoniekonzertes des Philharmonischen Orchesters der Stadt Freiburg unter der Leitung von Gerhard Markson im Herbst 2016. Aussergewöhnlich: drei Mitglieder unseres Ensembles sind Orchesterangehörige des Freiburger Orchesters.

Steffen und Florian, vielen Dank für das spannende Gespräch mit Euch.

(Das Gespräch führte Till Fabian Weser)